Duolingo wird AI-first
4. Mai 2025, Gioia Pillittu

Key Insights

 

– Duolingo richtet seine Strategie neu aus und stellt künstliche Intelligenz ins Zentrum.

 

– AI soll künftig grosse Teile der Arbeitsabläufe übernehmen und den Personalbedarf senken.

 

– Die versprochenen Produktivitätsgewinne bleiben bislang bescheiden.

 

– Der AI-Trend folgt bekannten Mustern, inklusive Stellenabbau und Strukturwandel.

 

 

Duolingo setzt einen klaren Schritt in die Zukunft. Der CEO, Luis von Ahn, kündigte intern an, dass das Unternehmen künftig «AI-first» arbeiten will. Damit reiht sich Duolingo in eine kleine Gruppe von Firmen ein, die künstliche Intelligenz nicht nur nutzen, sondern in den Mittelpunkt ihrer Strategie stellen.

 

Bereits 2012 entschied sich das Unternehmen früh für den Fokus auf mobile Geräte. Dieser Schritt erwies sich als erfolgreich. Nun steht laut von Ahn ein neuer Umbruch bevor. Er sieht künstliche Intelligenz nicht nur als Werkzeug zur Effizienzsteigerung. Für ihn ist AI entscheidend, um das Bildungsziel der Firma schneller zu erreichen.

 

AI statt manuelle Inhalte

 

Duolingo muss laufend neue Lerninhalte produzieren. Das manuelle Erstellen dieser Inhalte ist langsam und teuer. Dank AI lassen sich diese Prozesse automatisieren und skalieren. Ohne diese Technologie würde der Ausbau der Plattform Jahrzehnte dauern. Die Geschäftsleitung sieht darin eine Verpflichtung gegenüber den Lernenden, nicht länger zu warten.

 

Der Umbau betrifft auch die internen Abläufe. Die Mitarbeitenden sollen künftig AI aktiv in ihre Arbeit einbauen. Neueinstellungen sind nur noch möglich, wenn sich die Arbeit nicht automatisieren lässt. Externe Auftragnehmende sollen nur noch in Bereichen eingesetzt werden, in denen AI an ihre Grenzen stösst. Die Nutzung von AI wird neu sogar in Leistungsbeurteilungen einfliessen.

 

Der Blick über den Tellerrand

 

Duolingo steht mit dieser Haltung nicht allein. Auch andere Unternehmen, etwa Shopify, denken ähnlich. Deren CEO, Tobi Lütke, bezeichnet AI-Kompetenz bereits als Grundvoraussetzung. Neue Stellen sollen nur noch entstehen, wenn der Mehraufwand nicht automatisierbar ist.

 

Doch der Nutzen dieser Strategie ist bisher unklar. Einige Firmen, wie Klarna, mussten ihre AI-Pläne zurückfahren. Johnson & Johnson verfolgt hingegen einen gezielteren Ansatz. Dort wird AI nur in ausgewählten Bereichen eingesetzt – und nur, wenn es sinnvoll ist.

 

Studien zeigen geringe Effekte

 

Eine aktuelle Untersuchung des Becker Friedman Institute zeigt: Der Einfluss von generativer AI auf die Arbeitswelt ist bisher gering. Zwar lassen sich vereinzelt Zeitersparnisse messen. Diese liegen aber im Durchschnitt bei nur 2,8 Prozent der Arbeitszeit. Auch die Löhne steigen dadurch kaum.

 

Ein weiteres Experiment der Carnegie Mellon University stützt diese Erkenntnisse. In einer künstlich geschaffenen Umgebung simulierten Forschende eine Softwarefirma mit AI-Agenten. Das beste System konnte lediglich 24 Prozent der Aufgaben selbständig erledigen. Für die Wissenschaftler*innen ist klar: Der Abstand zur menschlichen Leistungsfähigkeit bleibt gross.

 

Wiederkehrende Muster in der Tech-Branche

 

Der aktuelle Umbruch erinnert an frühere technologische Wechsel. Die Sprache der Führungskräfte ist dabei auffallend ähnlich. Veränderungen gelten als «schwierig, aber notwendig». Bereits bei früheren Übergängen – etwa zur Cloud oder ins Internetzeitalter – wurden grosse Teile der Belegschaft entlassen.

 

Viele Unternehmen betonen die Chancen der neuen Technologie. Doch oft folgt auf den Investitionsschub ein Stellenabbau. Der Wechsel zur AI scheint da keine Ausnahme zu sein. Die Strategie, zuerst Neueinstellungen zu stoppen und dann Kündigungen folgen zu lassen, hat Geschichte.

 

Fazit

 

Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt – aber langsamer und weniger radikal, als viele glauben. Unternehmen wie Duolingo setzen stark auf AI. Doch Erfolg wird nur dort entstehen, wo der Einsatz sinnvoll, gezielt und realistisch bleibt.

 

 

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