Selfie-Hype in Rom: Wie TikTok Kirchen und versteckte Orte belebt
5. Dezember 2024, Gioia Pillittu

Key Insights

 

– Ein Spiegel in einer barocken Kirche wird durch TikTok zum Selfie-Hotspot und zieht Besucher aus aller Welt an.

 

– Versteckte Ecken Roms erleben durch Social Media einen ungeahnten Tourismus-Boom.

 

– Junge Menschen stehen Schlange – doch nicht für Kunst, sondern für das perfekte Foto.

 

– Social-Media-Trends erwecken vergessene Orte zum Leben und sorgen für neue Perspektiven.

 

Bildquelle: Victor Sokolowicz/The Guardian

 

Zwei Eingänge, zwei Welten

Die Chiesa di Sant’Ignazio di Loyola im Herzen von Rom hat zwei Eingänge. Der linke führt zu Geschichte und Kunst: barocke Fresken, stille Gebete, ein Moment der Besinnung. Der rechte führt zur «Selfie-Spiegel»-Attraktion. TikTok und Instagram haben die Kirche in ein beliebtes Fotomotiv verwandelt. Für einen Euro können Besuchende hier ein Bild mit dem Spiegel machen, der die beeindruckende Deckenmalerei von Andrea Pozzo reflektiert.

Barock trifft auf Social Media

Andrea Pozzos Fresko zeigt den Jesuiten-Gründer Ignatius von Loyola auf dem Weg ins Paradies. Doch die meisten Interessierten kommen nicht wegen der Kunst. Sie stellen sich bis zu einer Stunde an, um das perfekte Foto zu schiessen. Viele wissen nicht, dass die Fresken auch ohne Spiegel sichtbar sind. Für Alessandro Marinucci, der eine Freundin begleitete, ist das eine clevere Marketingstrategie der Kirche. «Ein Euro für einen Blick nach oben – genial,» meinte er ironisch.

 

Bildquelle: Victor Sokolowicz/The Guardian

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Geheimtipps im Fokus der Kameras

Die Kirche ist kein Einzelfall. Auch ein unscheinbarer Durchgang bei Campo de’ Fiori hat durch Social-Media-Berichte enorm an Popularität gewonnen. Früher war der Weg zu dieser Attraktion schwer zu finden. Heute weist ein virales Video von Gian Marco D’Eusebi den Weg. Er zeigt seinen Followern Roms weniger bekannte Orte und freut sich über das gestiegene Interesse. Trotzdem kritisiert er den Trend: «Die Selfie-Spiegel-Besucher wissen oft nicht einmal, aus welchem Jahrhundert die Kirche stammt.»

 

Junge Besucher*innen und neue Perspektiven

Nicht nur junge Menschen folgen dem Trend. Auch Benedetta Palombo, Lehrerin aus Pescara, wollte die Deckenfresken aus einer anderen Perspektive sehen. «Es ist schade, nur für das Foto zu kommen», meinte sie. Doch sie sieht auch Positives: «Vielleicht interessiert sich die nächste Generation durch solche Erlebnisse mehr für Kunst und Geschichte.»

 

Bildquelle: Victor Sokolowicz/The Guardian

 

Einfluss auf vernachlässigte Orte

Social Media lenkt den Fokus auch auf Orte, die bisher kaum Beachtung fanden. Fabrizio Politi, ein weiterer Influencer, hat etwa das Andersen-Museum in der Nähe der Piazza del Popolo ins Rampenlicht gerückt. Auch ausserhalb von Rom, etwa in Isola del Liri mit seinem Schloss zwischen zwei Wasserfällen, bringt er neue Besuchende.

 

 

Fazit

Die Macht von TikTok und Instagram verändert den Tourismus in Rom. Sie bringen Menschen an Orte, die sie sonst nie entdeckt hätten. Doch viele kommen nur für das perfekte Foto, ohne sich mit der Geschichte zu beschäftigen. Die Herausforderung bleibt, den Hype in echtes Interesse an Kunst und Kultur umzuwandeln.

 

*Bildquelle Header: pinterest.com