Zurück an den Spieltisch: Wie Brands echte Nähe inszenieren
11. Juni 2025, Gioia Pillittu

Key Insights

 

– Spielen erlebt ein überraschendes Comeback – in Zürcher Bars ebenso wie in globalen Markenwelten.

– Analoge Games werden zur Antwort auf digitale Erschöpfung und Vereinsamung.

– UNO und Zürcher Szenelokale zeigen zwei Wege, wie man Nähe, Gemeinschaft und Erlebnis neu denkt.

– Wer Freizeit neugestalten will, muss nicht nur unterhalten, sondern echte Verbindung ermöglichen.

In Las Vegas rollt Mattel den roten Teppich aus – in den Farben Rot, Gelb, Grün und Blau. Die UNO Social Clubs bringen das berühmte Kartenspiel in Suiten, Bars und Turniere und positionieren sich als Herzschlag der analogen Gaming-Kultur.

Gleichzeitig wird in Zürich nicht mehr nur getrunken, sondern gestochen: Jassturniere, Bingo-Abende und Schach-Meetups sind plötzlich genauso angesagt wie Vintage-Möbel oder Negroni Sbagliato. Zwei Phänomene, zwei Welten – aber ein gemeinsamer Nenner: Die Sehnsucht nach echten Erlebnissen mit echten Menschen.

Spielen als Antwort auf eine überfordernde Welt

Der Artikel der NZZ am Sonntag bringt es auf den Punkt: Wir leben in einer Welt, «die immer unspielbarer wird». Zwischen Leistungsdruck, Reizüberflutung und Digital Burnout wächst der Wunsch nach klaren Regeln, planbarem Risiko und menschlicher Verbindung. Genau hier setzen Angebote wie der Rote Delfin oder En Passant Zürich an: Sie schaffen temporäre Spielräume, in denen Statussymbole, To-dos und Screens draussen bleiben. Spielen wird zur rebellischen Geste gegen die Effizienzgesellschaft und zur neuen Form von Quality Time.

 

Roter DelfinIm Roten Delfin treffen sich einmal im Monat Profis, Newbies und Nostalgiker – zum Jass, aber eigentlich wegen der Gemeinschaft.

 

 

UNO wiederum nutzt denselben Nerv, aber mit anderen Mitteln. Statt Anti-Kommerz-Charme setzt die Marke auf gebrandete TikTok-Filter, Las-Vegas-Suiten und Turnierformate. Die Strategie ist clever: Digitale Reichweite trifft auf reales Erlebnis. Die Botschaft bleibt dieselbe wie bei den Zürcher Spielbars – nur skaliert und gebrandet.

Analoge Games: Vom Nischenhobby zum sozialen Magneten

Ob im Palms Casino Resort oder in der Langstrasse-Bar: Spielabende sind keine reinen Nostalgie-Momente. Sie sind Community-Building durch gemeinsames Erleben. Wer spielt, lernt sich kennen , durch Mimik, Regeln, Reaktionen. Im Jargon der Soziologie: Der Spieltisch wird zur Bühne der Authentizität.

UNO bringt diese Dynamik mit starkem Digital-Support in eine globale Markenwelt: Gewinnspiele, Creator-Filter, Paid Content. Zürich hingegen zeigt, wie dieselbe Sehnsucht organisch wachsen kann – aus der Szene heraus, mit lokalem Charakter und charmantem Scheitern (Platz 17 beim Jass inklusive Trostpreis). Beide Modelle zeigen: Analoges Spielen ist kein Rückschritt. Es ist eine bewusste Wahl.

 

A hotel suite with Uno-themed decor. A game table is featured prominently in the foreground.

Die Uno-Suite in Las Vegas ist der Auftakt zu einer grösseren Reihe von Pop-up-Events, die die Kultur der Spieleabende nutzen sollen.
© Mattel

 

Was Brands lernen können

Der Erfolg von UNO Social Clubs und dem Roten Delfin zeigt: Freizeitgestaltung entwickelt sich weiter – von passiver Konsumation hin zu beteiligungsorientierten, gemeinschaftlichen Formaten. Wer heute relevant sein will, verkauft nicht nur Produkte, sondern schafft Gelegenheiten für Begegnung, Identifikation und Co-Creation.

Brands müssen sich dabei fragen: Wie viel Bühne geben wir unseren Konsument*innen? Wie viel Raum lassen wir für Interpretation, Scheitern und Spass ohne Zweck?

Drei konkrete Learnings für Brands:

  1. Create the playground, not just the product.
    Marken sollten Erlebnisräume schaffen, die Interaktion ermöglichen – physisch wie digital. Produkte werden zur Eintrittskarte in eine Welt, nicht zum Selbstzweck.
  2. Purposefreie Zonen wirken befreiend.
    Menschen sehnen sich nach Momenten ohne Verwertungslogik. Wer diesen Raum bietet – sei es durch analoge Spiele oder kreative Formate – stiftet echte Verbindung.
  3. Community ist kein Trend, sondern Infrastruktur.
    Ob durch TikTok-Filter oder Schachbretter in Vintage-Läden: Der soziale Kontext entscheidet über die Relevanz. Brands sollten nicht nur Content planen, sondern Communities ermöglichen.

Fazit

Wenn UNO und der Rote Delfin eines zeigen, dann das: In einer hyperconnected Welt wird das Unverplante zum neuen Luxus. Und Spielen – ob mit Karten, Würfeln oder Kronenfiltern – zum Schlüssel zu echter Resonanz.

 

 

*Bildquelle Header: ch.pinterest.com